Ein unklares Testament erschwert die Auslegung.
Erst durch eine erneute Sachverhaltsermittlung können Nachlassgerichte notwendige Informationen beschaffen.
(OLG München – Beschluss vom 01.12.2021 – 31 Wx 314/19)
Erst durch eine erneute Sachverhaltsermittlung können Nachlassgerichte notwendige Informationen beschaffen.
(OLG München – Beschluss vom 01.12.2021 – 31 Wx 314/19)
Rechtsanwalt Benden, Fachanwalt für Erbrecht und Testamentsvollstrecker, bloggt für Sie aus dem Erbrecht:
Erst eine erneute Sachverhaltsermittlung des Nachlassgerichts liefert die notwendigen Informationen für eine richtige Auslegung des gemeinsamen Willen der Eheleute.
(OLG München – Beschluss vom 01.12.2021 – 31 Wx 314/19)
Ist der letzte Wille des Erblassers mehrdeutig, widersprüchlich oder unverständlich, liegt es in der Aufgabe des zuständigen Nachlassgerichts, den wahren Willen zu ermitteln.
Dazu führt das Nachlassgericht ausführliche Sachverhaltsermittlungen über das Umfeld und das Leben des Erblassers durch.
Anhand aller gesammelter Informationen und mit Hilfe von Auslegungsmethoden wird das Testament anschließend ausgelegt.
Ein Ehepaar errichtete 1992 ein gemeinschaftliches Testament, bei dem sich die Eheleute gegenseitig als Alleinerben einsetzten. Darüber hinaus sollte der später überlebende Ehegatte bestimmen, wer nach dessen Tod Schlusserbe sein soll.
Sollten die Ehegatten zeitlich gleichzeitig (z.B. durch Unfall) sterben, so sollte die Nichte M.S. die Alleinerbin sein.
Im Jahr 2016 verstarb der Ehegatte. Nur 10 Tage später verstarb auch die Ehefrau.
Nichte beantragt Erbschein
Die namentlich im Testament bedachte Nichte beantragte auf Grundlage des Testaments beim zuständigen Nachlassgericht einen Erbschein. Das Nachlassgericht stellte die Erteilung in Aussicht. Daraufhin legte eine gesetzliche Erbin der verstorbenen Ehefrau Beschwerde beim OLG ein.
Die 1. Beschwerde: OLG gibt statt
Das Nachlassgericht hatte in den Augen des OLG keine ausreichende Sachverhaltsermittlung durchgeführt. Aus diesem Grund verwies das OLG die Sache für eine erneute Behandlung zurück zum Nachlassgericht. Nach wiederholter Prüfung kam das Nachlassgericht zum selben Ergebnis. Die gesetzliche Erbin legte daraufhin wieder Beschwerde beim OLG ein.
Die 2. Beschwerde: OLG weist Beschwerde als unbegründet ab
In den Augen des OLG waren die Ermittlungen des Nachlassgerichts im zweiten Anlauf ausreichend und zutreffend.
Die Auslegung des Willens der Eheleute anhand des gemeinschaftlichen Testamentes ergab folgende Regelungen:
Die Nichte wird Alleinerbin
Das Nachlassgericht konnte ermitteln, dass die Erblasserin im Zeitraum zwischen ihrem Tod und dem Tod ihres Ehegatten körperlich und geistig jedoch nicht in der Lage war, eine letztwillige Verfügung bezüglich eines Schlusserben zu errichten.
Deshalb kam die Auslegung des Nachlassgerichts zum Schluss, dass die Regelung für den gemeinsamen Tod ausnahmsweise auch für den vorliegenden Sachverhalt greift und damit auch dem Willen der Eheleute entspricht.
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