Veröffentlicht am: 10.05.2024 von Fachanwaltskanzlei für Benden

Testament nur für einen Tag?

Erbfolgen innerhalb eines Testaments mit den Worten „Für den Fall, das ich heute tödlich verunglücke“ einzuleiten führt nicht dazu, dass Testamente lediglich für den genannten Tag gelten.

Testamente, Erbscheinverfahren und Streit in der Erbengemeinschaft

Rechtsanwalt Benden, Fachanwalt für Erbrecht und Testamentsvollstrecker, bloggt für Sie aus dem Erbrecht:

Kein Testament nur für einen Tag

Die Erbfolge innerhalb eines Testaments mit den Worten „Für den Fall, das ich heute tödlich verunglücke“ einzuleiten führt nicht dazu, dass das Testament lediglich für den genannten Tag gilt. Vielmehr bedarf es einer Auslegung. Sind keine weiteren gegenteiligen Argumente ersichtlich begründet diese Formulierung keine Bedingung, sondern eine Fortgeltung des Testamentes. KG (Kammergericht Berlin) – Beschluss vom 24.04.2018 – 6 W 10/18

Bedingungen als Werkzeug des Testierenden

Der Testierende hat die Möglichkeit, in sein Testament Bedingungen einzubauen. Dabei ist zwischen einer aufschiebenden und einer auflösenden Bedingung zu unterscheiden.

1. Aufschiebende Bedingung
Setzt der Erblasser seinen letzten Willen unter eine aufschiebende Bedingung, so treten der Inhalt des Testamentes als Ganzes oder einzelne Regelungen nur in Kraft, sobald die Bedingung eintritt.

Beispiel: Erbe A soll erst dann erben, wenn er das 18. Lebensjahr erreicht hat.

2. Auflösende Bedingung
Bei einer auflösenden Bedingung hingegen wird durch Eintritt oder durch Unterlassen der festgelegten Bedingung die im Testament bedachte Zuwendung gegenüber der eingesetzten Person wieder entzogen.

Beispiel: Erbe A soll nicht erben, wenn er sein Studium abbricht.

Der Fall:

Im vorliegenden Fall errichtete die Erblasserin 1999 ein Testament, welches ihren Ex-Ehemann und die gemeinsamen Kinder als Erben zu gleichen Teilen auswies. Das Testament wurde mit folgendem Wortlaut eingeleitet:

„Für den Fall, das ich heute, am 26.11.99 tödlich verunglücke, fällt mein gesamter Nachlass (…)“

Nach dem Ableben der Erblasserin wurde den beiden Kindern auf Grundlage der gesetzlichen Erbfolge ein Erbschein ausgestellt. Zu dem Zeitpunkt war dem Nachlassgericht kein Testament bekannt. Erst 2017 fand das Testament der Erblasserin seinen Weg zum Nachlassgericht.

Testament führt beim Nachlassgericht zu Verwirrung

Mit dem Testament und der darin enthaltenen Formulierung setzte sich das Nachlassgericht im Folgenden auseinander. Der Ex-Ehemann vertrat dem Nachlassgericht gegenüber die Meinung, dass die in Frage stehende Formulierung über den genannten Tag hinaus zu verstehen sei. Eines der Kinder hingegen verwies auf die Intelligenz der Erblasserin. Die Formulierung sei deshalb wörtlich zu verstehen.

Erbschein wird wegen Unrichtigkeit wieder eingezogen

Der auf Grundlage der gesetzlichen Erfolge erteilte Erbschein zugunsten der Kinder wurde daraufhin eingezogen. Die Kinder legten Beschwerde beim Kammergericht ein.

Kammergericht weist Beschwerde als unbegründet ab
Nach Auslegung des Testamentes durch das Kammergericht ist die Formulierung keine Bedingung, die zwingend an den Eintritt des Todesfalls am fix genannten Tag geknüpft ist. Vielmehr gelte das Testament fortlaufend. Die Erblasserin habe durch ihre gewählte Wortwahl lediglich den Anlass für die Testamentserrichtung mitteilen wollen. Dass die Erblasserin in den folgenden Jahren auch kein weiteres Testament errichtet oder Änderungen vorgenommen habe, unterstützt diese Auslegung. Es seien auch keine Umstände ersichtlich, weshalb die Erblasserin ihre Erbfolge nur für einen Tag regeln wollte.

Die Erbfolge richtet sich nach dem Testament und nicht nach der gesetzlichen Erbfolge. Der Erbschein bleibt eingezogen.

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