Pflichtteilsanspruch durch Aufhebungsvertrag?
Im Jahr 2009 trafen sich der Erblasser und der Sohn A erneut beim Notar. Bei diesem Notartermin ließen die beiden Beteiligten eine Erklärung beurkunden, mit der der Erbverzichtsvertrag von 1996 aufgehoben werden sollte. Nach dem Tod des Erblassers verklagte der Sohn A den Erben Sohn B auf Grundlage dieser Erklärung auf einen Pflichtteil.
Die Frage nach der Geschäftsfähigkeit
Sohn B nahm die Aufhebung des Verzichtsvertrages aus dem Jahr 2009 nicht hin und wehrte sich. Er begründete die Verweigerung der Zahlung damit, dass die Erklärung zur Aufhebung des Verzichtsvertrages unwirksam sei. Zum Zeitpunkt der Erklärung sei der Erblasser bereits an Demenz erkrankt und geschäftsunfähig gewesen. Seinem Halbbruder stehen wegen dem 1996 geschlossenem Verzichtsvertrages demnach keine Ansprüche mehr zu.
Sachverständiger und Ärztin verweisen auf Demenzerkrankung
Die Klage des Sohn A scheiterte in erster Instanz vor dem Landgericht. Das Landgericht begründete das Urteil mit der Diagnose einer Ärztin, die beim Erblasser im Jahr 2009 eine leichte bis mittelschwere Demenz feststellte. Neben der Ärztin empfand auch ein von Gericht beauftragter Sachverständiger den Erblasser zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses für nicht mehr geschäftsfähig.
Berufung zum OLG
Sohn A legte daraufhin Rechtsmittel ein und zog vor das OLG. Das Landgericht habe, aus der Sicht von Sohn A, die Rolle des Notares bei der Beurteilung der Demenzerkrankung nicht ausreichend gewürdigt. Der Notar habe schließlich 2009 die Beurkundung des Aufhebungsvertrages betraut, welche er bei konkreten Zweifeln an der Geschäftsfähigkeit des Erblassers nicht vorgenommen hätte.
Berufung wird zurückverwiesen
Der Vortrag des Klägers hatte keinen Erfolg. Das OLG verwies auf die Aussagen der Ärztin und des Sachverständigen die beide, anders als der Notar, über medizinische Fachkenntnisse verfügten. Der Notar in seiner Position als Jurist sei dagegen nicht geeignet, um eine Demenzerkrankung festzustellen.
Keine Ansprüche für den Kläger
Das OLG war durch Würdigung der Gesamtumstände im Ergebnis von der Geschäftsunfähigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt der Errichtung des Aufhebungsvertrages im Jahr 2009 überzeugt. Der Verzichtsvertrag wurde demnach nie wirksam aufgehoben. Für Sohn A galt daher weiterhin der Verzichtsvertrag von 1996, weshalb ihm keine Ansprüche gegen Sohn B zu standen.