Der Fall
Im vorliegenden Fall verstarb eine Erblasserin 2010. Sohn A der Erblasserin wurde neben seinen zwei Brüdern und zwei Urenkeln gesetzlicher Erbe der Mutter. Nach dem Tod der Erblasserin schlugen mehrere der Erben die Erbschaft aus. Sohn A hingegen lies die Frist zum Ausschlagen der Erbschaft unbeantwortet verstreichen und nahm die Erbschaft an. Sieben Jahre nach dem Erbfall trat der Sohn an das zuständige Nachlassgericht heran und beantragten den Erlass eines Erbscheines. Der Erbschein wurde dem Sohn in der Folge auch erteilt.
Sohn bereut Erbschaftsannahme
Wenige Monate später trat der Sohn erneut an das Nachlassgericht heran. Diesmal jedoch um seine Annahme der Erbschaft wegen Irrtums anzufechten und die Erbschaft in dem Zuge auszuschlagen. Sohn A trug dem Gericht vor, dass die Erbschaft auf Grund eines Grundstücks mit Schulden belastet sei und er selbst zum Zeitpunkt der Erbschaftsannahme keinen Einblick in die genauen Nachlassverhältnisse hatte. Vielmehr habe sich sein Bruder Sohn B alleine um die Verwaltung gekümmert und habe ihn (Sohn A) auch keine Auskünfte erteilt.
Nachlassgericht lässt Erbschein bestehen
Das Nachlassgericht kam dem Ersuche des Sohnes nicht nach und zog den erteilten Erbschein nicht ein. Zur Begründung führte das Nachlassgericht an, dass eine Anfechtung der Annahme der Erbschaft nicht mehr möglich und ohnehin unbegründet sein. Gegen diese Entscheidung legte der Sohn Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.
Keine Anfechtung der Erbschaftsannahme
Das Oberlandesgericht stimmte dem Nachlassgericht zu und wies die Beschwerde als unbegründet zurück. Für eine wirksame Anfechtung der Erbschaftsannahme auf Grund eines Irrtums fehle es vorliegend an wichtigen Erfordernissen. Grundsätzlich ist eine Anfechtung einer Erbschaftsannahme in den Fällen, in denen nachträglich der Erbe Kenntnis von der Überschuldung des Nachlasses erlangt, möglich. Dazu müsse jedoch ein Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft der Erbschaft vorliegen. Um sich als Anfechtender auf eine erregte Fehlvorstellung hinsichtlich der Zusammensetzung des Nachlasses stützen zu können, ist es zwingend erforderlich überhaupt einen anfänglichen Eindruck von den Verhältnissen gehabt zu haben. Eine Fehlvorstellung setzt fundamental voraus, dass der anfechtende Erbe bei der Annahme der Erbschaft eine konkrete Vorstellung über die Überschuldung des Nachlasses hatte.
Vorliegend hatte Sohn A bei der Annahme der Erbschaft nach eigenen Aussagen keine Informationen und Vorstellungen über den genauen Umfang des Nachlasses. Mangels Anfechtbarkeit des Nachlasses musste sich der Sohn mit dem geerbten Nachlass arrangieren.