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Der Fiskus funkgiert ausschließlich als Noterbe

Eine Erbschaft des Fiskus ist nur dann möglich, wenn weder erbberechtigte Verwandte, erb-berechtigte Lebenspartner noch erbberechtigte Ehegatten vorhanden sind. Lassen sich keine Erben aus der vorverstorbenen Linie der Großeltern väterlicherseits ermitteln, so sind Ab-kömmlinge der Großeltern mütterlicherseits die Alleinerben. (OLG Braunschweig – Beschluss vom 17.12.2021 – 3 W 48/21)

Was ist die Fiskuserbschaft?

Die Fiskuserbschaft, oder auch Staatserbschaft genannt, verfolgt den Sinn und Zweck herren-lose Nachlässe zu vermeiden. Hinterlässt ein Erblasser weder eine letztwillige Verfügung zur Regelung seines Nachlasses noch gesetzliche Erben, so wird der Staat bzw. das jeweilige Bundesland, in dem der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen letzten Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hatte, zum Erben bestimmt.

Der Fall

Im vorliegenden Fall verstarb ein unverheirateter, kinderloser Erblasser ohne eine letztwillige Verfügung zu hinterlassen. Das Nachlassgericht konnte lediglich Abkömmlinge der Großeltern mütterlicherseits als Erben ermitteln.

Teilerbschein für ½ des Nachlasses

Die ermittelten Erben beantragten beim zuständigen Nachlassgericht einen gemeinschaftlichen Teilerbschein für ½ des Nachlasses. Dieser Teilerbschein wurde den Abkömmlingen der Großeltern mütterlicherseits des Erblassers gewährt. Wenig später beantragten die Erben jedoch zusätzlich einen Rest-Teilerbschein für die andere noch offene Hälfte des Nachlasses. Die Erben begründeten ihr Ersuchen damit, dass vom Nachlassgericht keine Abkömmlinge der Großeltern väterlicherseits des Erblassers ermittelt werden konnten. Auch die darauf erneut angeregten Bemühungen des Nachlassgerichts blieben ohne Erfolg.

Fiskuserbrecht für väterlichen Nachlassanteil

Trotz dessen, dass keine weiteren Erben vorlagen, teilte das Nachlassgericht in seinem Beschluss mit, dass der verbliebene ½ – Anteil des Nachlasses nicht an die Erben mütterlicherseits gehen solle, sondern an den Fiskus. Gegen diesen Beschluss legte der Fiskus – hier das Bundesland Niedersachen – Beschwerde ein.

Nachlassgericht hält an Fiskuserbrecht fest

Das Nachlassgericht begründete seine Entscheidung damit, dass lediglich für die Linie der Großeltern mütterlicherseits Abkömmlinge feststellbar seien und auf väterlicherseits keine Abkömmlinge bestünden. Dadurch sei für den halben Anteil der väterlichen Linie des Erblassers das Fiskuserbrecht einschlägig.

OLG gibt Beschwerde statt

Das OLG wies ganz deutlich daraufhin, dass einem Fiskuserbrecht im vorliegenden Fall die Grundlage fehle. Der Fiskus als Erbe komme nur dann in Betracht, wenn überhaupt kein gesetzlicher Erbe vorhanden seien, unabhängig davon welcher Abstammungslinie die Abkömmlinge des Erblassers entspringen. Sind keine Erben aus der Linie der vorverstorbenen Großeltern väterlicherseits zu ermitteln, so seien die Erben der Großeltern mütterlicherseits die Alleinerben. Mit dieser Klarstellung wurde der Beschluss vom Nachlassgericht aufgehoben und die Angelegenheit an das Nachlassgericht zurückgewiesen.

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