Wann ist eine Erwachsenenadoption sittlich gerechtfertigt?
Um eine Adoption zwischen Erwachsenen zu bewilligen, muss die Annahme der Adoption sittlich gerechtfertigt sein. Dies ist der Fall, wenn die Beantragenden in einem Eltern-Kind-Verhältnis zueinanderstehen oder ein solches Verhältnis zu erwarten ist. Ein solches Verhältnis prägt sich durch gegenseitiges Vertrauen und einer jahrelangen intensiven und innigen Verbundenheit. Zwischen den Beteiligten muss zudem eine Wechselseitigkeit der Anteilnahme in verschiedensten Lebenssituationen erkennbar sein. Eine übergreifende familiäre Beziehungsverflechtungen unter Einbeziehung in Alltagsstrukturen kann zudem ein weiterer Beurteilungsfaktor sein. Eine Adoption aus erbschaftssteuerlichen Gründen rechtfertigt hingegen keine sittliche vertretbare Adoption.
Der Fall
Im vorliegenden Fall pflegte ein Professor aus Braunschweig ein besonderes Näheverhältnis zu seiner langjährig angestellten Haushaltshilfe. Der Professor hatte keine Kinder und seine Ehefrau war bereits verstorben.
Adoptionsvertrag zwischen Professor und Haushaltshilfe
Nach dem Tod der Ehefrau wollte der Professor, der großen wechselseitigen Sympathie zwischen ihm und seiner Haushaltshilfe in Form einer Adoption, Ausdruck verleihen. Gemeinsam suchten sie einen Notar auf und ließen einen Adoptionsvertrag ausfertigen und beurkunden. Gegenstand des Adoptionsvertrages war es, dass es dem beidseitigen Wunsch entsprach, dass der Professor seine Haushaltsangestellte als sein Kind adoptiert. Die Söhne der Haushaltshilfe stimmten dem Vorgehen zu.
Hinweis auf besonderes Näheverhältnis
In dem Adoptionsvertrag wurde mit aufgenommen, dass die Haushaltshilfe bereits noch zu Lebzeiten der verstorbenen Ehefrau mehr als nur gewöhnliche Dienste ausübte. Vielmehr pflegte sie das Ehepaar bei Krankheiten und verrichtete viele Tätigkeiten im freundschaftlichen Dienst. Ebenso wurde auf das innige Verhältnis zwischen dem Professor zu den Söhnen der Haushaltshilfe verwiesen. In der Folge wurde die Durchführung der Adoption beantragt.
Professor verstirbt noch vor Entscheidung über Adoptionsantrag
Noch bevor das zuständige Amtsgericht Braunschweig über die beantragte Adoption entscheiden konnte, verstarb der Professor. Er hinterließ ein üppiges Vermögen, welches er durch mehrere Testamente einer Stiftung als Alleinerbin und durch Vermächtnisse der Haushaltshilfe widmete. Nach dem Tod des Professors lehnte das Amtsgericht die beantragte Adoption mit der Begründung ab, dass ein erforderliches Eltern-Kind-Verhältnis i.S.d § 1767 I BGB zwischen den Beteiligten nicht hinreichend festzustellen sei. Ebenso äußerte das Gericht Zweifel hinsichtlich der Beweggründe der Adoption. Die Haushaltshilfe legte dagegen Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.
OLG: Eltern-Kind-Verhältnis liegt vor
Die Haushaltshilfe argumentierte ihre Beschwerde damit, dass das Gericht die Voraussetzung einer sittlichen Rechtfertigung, die für eine Erwachsenenadoption erforderlich ist, verkannt habe. Zwischen ihr und dem verstorbenen Professor gab es zu dessen Lebzeiten ein ausgeprägtes Eltern-Kind-Verhältnisses, welches auch durch Hinzuziehung der Söhne der Beschwerdeführerin bezeugt werden könne. Das Oberlandesgericht folgte den Ausführungen der Haushaltshilfe und sah die Voraussetzung des § 1767 I BGB als gegeben. Aus der Sicht des Oberlandesgerichts wurde die Adoption auch nicht angeregt, um Erbschaftssteuern zu umgehen, da der Professor seinen Nachlass sorgfältig geregelt hatte.
Im Ergebnis wurde der Adoptionsantrag mit Beschluss des Oberlandesgerichts wirksam und die Haushaltshilfe zum Kind des verstorbenen Professors. Als rechtlicher Nachkommen des Erblassers, konnte die Haushaltshilfe zu ihrem Vermächtnis noch einen ergänzenden Pflichtteilsanspruch geltend machen und Erbschaftssteuern durch eine günstigere Steuerklasse sparen.