Der Fall
Im vorliegenden Fall verstarb eine Erblasserin und hinterließ ihren Ehegatten und einen gemeinsamen Adoptivsohn. Die Ehegatten hatten zu Lebzeiten der Erblasserin einen Erbvertrag geschlossen, indem sich die beiden Eheleute gegenseitig als Alleinerben für den ersten Erbfall einsetzten.
Adoptivsohn und Vater einigen sich auf Pflichtteilsverzicht
Nach dem Tod der Erblasserin trat der Adoptivsohn wiederholte Male an seinen Vater heran und verlangte seinen Pflichtteil. Ohne Erfolg. Zwei Jahre später trat der Sohn erneut an seinen Vater heran und bat diesen um finanzielle Unterstützung. Die beiden einigten sich im Rahmen eines Erlassvertrages ohne notarielle Beurkundung. Der Vater verpflichtete sich dem Sohn 200.000€ zu zahlen, wenn der Sohn dafür auf seinen Pflichtteil aus der Erbschaft der Mutter verzichtet. Diesen Pflichtteilsverzicht stimmte der Sohn zu. Er setze seiner Erklärung zu dem Vertrag den Hinweis bei, dass er endgültig und nicht widerrufbar auf seinen Pflichtteil verzichtet.
Sohn versucht Pflichtteilsverzicht anzufechten
Nachdem der Sohn das Geld erhielt, bereute er die Unterzeichnung des Vertrages. Er erklärte gegenüber seinem Vater die Anfechtung des Pflichtteilsverzichts. Als Grund führte der Sohn an, dass er zum Zeitpunkt der Abgabe seiner zum Vertrag führenden Erklärung unter einem Irrtum litt. Er wäre sich nicht im Klaren gewesen, dass ein Pflichtteilsverzicht in Form eines Erlassvertrages auch ohne notarielle Beurkundung wirksam sei. Weiter führte der Sohn an, dass ihn sein Vater zum dem Pflichtteilsverzicht genötigt habe. Unabhängig davon sei der Vertrag ohnehin sittenwidrig. Der Vater ging auf die Anfechtung nicht ein.
Klage scheitert
Als der Vater auf die Anfechtung nicht einging erhob der Sohn Klage. Die Klage richtete der Sohn gegen seinen Vater auf die Auszahlung seines Pflichtteils. Vor dem zuständigen Landgericht hatte die Klage jedoch keinen Erfolg. Das Landgericht erachtete den Pflichtteilsverzicht als wirksam. Ein Erlassvertrag könne nach dem Eintritt des Erbfalles formlos erklärt werden. Die vorgebrachten Anfechtungsgründe seien zu dem nicht einschlägig. Die Klage des Sohns wurde als unbegründet abgewiesen.
Wirksamer und unanfechtbarer Pflichtteilsverzicht
Das wollte sich der Sohn nicht gefallen lassen und legte Berufung zum Oberlandesgericht ein. Doch auch das Oberlandesgericht sah weder eine Anfechtung, noch eine Sittenwidrigkeit einschlägig. Ein Pflichtteilsverzicht ist formlos und jederzeitig möglich. Durch den geschlossenen Pflichtteilsverzichtsvertrages habe der Kläger wirksam auf seinen Pflichtteil verzichtet. Das Oberlandesgericht legte dem Sohn in seinem Hinweisbeschluss nahe, die Berufung aus Kostengründen zurückzunehmen.