Wie kann der Erblasser das Erbe des Erben erhöhen?
Der Erblasser möchte Pflichtteilsergänzungsansprüche der enterbten Erben möglichst verringern. Zu diesem Zweck kann er
1. Immobilien verschenken
Der Erblasser kann – z.B. seinem Sohn – schon zu Lebzeiten eine Immobilie übertragen. Wenn er das mehr als 10 Jahre vor seinem Tod tut, fällt diese Immobilie bei der Berechnung des Pflichtteilergänzungsanspruchs für die enterbten Kinder heraus (§ 2325 Abs. 3 S. 2 BGB).
Der Pflichtteilsanspruch verringert sich auf diese Weise rechtssicher und dauerhaft.
2. ein Rückforderungsrecht vereinbaren
Der Erblasser kann alle zu Lebzeiten überlassenen Gegenstände zurück fordern, die er in den letzten 10 Jahren vor seinem Tod gemacht hat, wenn er unvorhergesehen insolvent wird oder wenn der Beschenkte undankbar ist.
3. heiraten
Der Ehegatte ist pflichtteilsberechtigt. Hat der ehelose Erblasser ein Kind und will den Pflichtteil des einzigen Kindes mindern, so verringert die Heirat den Pflichtteil des Kindes um 25%.
4. Kinder adoptieren
Adoptierte Kinder sind normalen Kindern gleichgestellt. Je mehr Kinder der Erblasser adoptiert, desto mehr schmälert sich der Pflichtteil des echten Kindes. Für Patchwork Familien lohnt sich die Adoption der Kinder des neuen Partners.
5. aus Anstand schenken
„Anstandsschenkungen“ machen eine Ausnahme von der 10-Jahresfrist. Die Schenkungen mindern sofort und ohne Wartezeit den Nachlass. Beispiele sind:
- Hochzeitsgeschenke
- Geburtstagsgeschenke
- Weihnachtsgeschenke
- Trinkgeld
- Taschengeld
Hinweis: Bei Anstandsgeschenken darf der Erblasser nicht übertreiben. Wenn die Geschenke plötzlich wesentlich größer ausfallen, gelten die Geschenke nicht mehr als „Anstandsgeschenke“.
6. Wohnrecht statt Nießbrauch vereinbaren
Wer als Erblasser nur einem Kind das gesamte Vermögen übertragen möchte, trägt für sich selbst ein Wohnrecht in einem Teil des Hauses ein und überträgt das ganze Eigentum an das eine Kind. Dadurch verringert sich der Pflichtteil für die anderen Kinder.
Das Wohnrecht berechtigt den Erblasser nur zum Wohnen; der Nießbrauch berechtigt ihn dagegen zum Wohnen und auch zur Vermietung.
Der Enterbte hat einen ungekürzten Pflichtteil, wenn der Erlasser einen Nießbrauch im Grundbuch einträgt.
Bei der Eintragung des Nießbrauchs läuft die 10-Jahresfrist nicht. Die 10 Jahresfrist beginnt bei einem Nießbrauch erst mit dem Tod des Erblassers. Der Wert der Immobilie ist für die Berechnung des Pflichtteils relevant.
Bei der Eintragung des Wohnrechts läuft die 10-Jahresfrist. Jahr für Jahr sinkt der Pflichtteil.
Der Erblasser darf das Wohnrecht nicht für die gesamte Immobilie eintragen. Sonst beginnt die 10-Jahresfrist erst mit dem Tod des Erblassers. Der Pflichtteil vermindert sich dann nicht.
- Wenn das Wohnrecht lediglich für einen Teil des Hauses eingetragen ist, beginnt die 10-Jahresfrist sofort zu laufen. Dies haben das Landgericht Landau in der Pfalz (Urt. v. 26.03.2019, 4 O 42/18) und das Oberlandesgericht Zweibrücken (Urt. v. 11.09.2020 – 5 U 50/19) bestätigt.
7. eine Leibrente vereinbaren
Der Eigentümer einer Immobilie überschreibt dem Käufer sein Eigentum.
Im Gegenzug trägt das Grundbuchamt für den Verkäufer ein dauerhaftes Wohnrecht ein.
Für den Verkauf der Immobilie erhält der Verkäufer ein monatliches Entgelt (Rente).