Beeinträchtigende Schenkungen bei einem gemeinschaftlichen Testament
Eine Erbin kann die Herausgabe einer das Erbe beeinträchtigenden Schenkung verlangen. Sie hat jedoch lediglich einen Anspruch, der der Höhe nach ihrer Erbquote entspricht.
BGH – Urteil vom 10.03.2021 – IV ZR 8/20
Darf ein Erblassers vor seinem Tod noch Schenkungen tätigen?
Der Erblasser kann grundsätzlich bis zu seinem Tod frei über sein Vermögen verfügen. Er darf also auch Schenkungen tätigen.
Aber Achtung: Etwas anderes gilt, wenn der Erblasser durch einen Erbvertrag oder ein gemeinschaftliches Testament gebunden ist. Der Erblasser darf dann keine Schenkungen tätigen, die das Erbe beeinträchtigen.
- Die Erben können solche beeinträchtigenden Schenkungen von dem Beschenkten herausverlangen.
Was sind beeinträchtigende Schenkungen?
Eine Schenkung ist beeinträchtigend, wenn kein “lebzeitiges Interesse” des Erblassers an der Schenkung besteht. Ein lebzeitiges Interesse liegt vor, wenn unter Berücksichtigung aller gegebenen Umstände, eine Schenkung billigenswert, gerechtfertigt und nachvollziehbar erscheint.
- Ein Beispiel für ein lebzeitiges Interesse kann der Dank für eine langjährige Pflegeleistung sein.
Der Fall
Die Erblasser hat mit seiner Ehefrau ein gemeinschaftliches Testament geschlossen. Der Ehemann hat, nach dem Tod der Ehefrau, seiner Nachbarin eine vollumfängliche Kontovollmacht erteilt. Die Nachbarin überwies sich daraufhin im Jahr 2010 einen Betrag in Höhe von 106.527,23 Euro auf ihr Konto. Einige Monate später überwies sie sich nochmal 50.000 Euro. Als Betreff gab sie “Schenkung” an.
Der Erblasser lies die Schenkungen an seine Nachbarin im Jahr 2011 von einem Notar beurkunden. Nach der Beurkundung überwies sich die Nachbarin weitere 50.000 Euro.
Schenkung zurück gefordert
Nach dem Tod des Erblassers forderten die Erben das Geld von der Nachbarin zurück. Das Landgericht und das Kammergericht haben die Nachbarin zur Rückzahlung der Geldbeträge verurteilt. Die Nachbarin hat Revision zum BGH eingelegt.
Der BGH hob das Urteil auf
Der BGH kam zwar auch zu dem Ergebnis, dass es sich bei den Überweisungen um Schenkungen handelte, die das Erbe beeinträchtigten. Jedoch gehören solche Schenkungen im Erbfall gerade nicht mehr zum Nachlass. Die Erbin hätte also nur einen Herausgabeanspruch in der Höhe des ihrer Erbquote entsprechenden Teils geltend machen können.