Veröffentlicht am: 12.07.2022 von Fachanwaltskanzlei für Benden
Sachverständigengutachten zahlt der testamentarische Erbberechtigte.
Testamente, Erbscheinverfahren und Streit in der Erbengemeinschaft
Rechtsanwalt Benden, Fachanwalt für Erbrecht und Testamentsvollstrecker, bloggt für Sie aus dem Erbrecht:
Ein unterzeichnetes Bankformular führt nicht zur direkten Annahme der Erbschaft
Die Eltern eines Erblassers unterzeichneten bei der Bank des Verstorbenen ein Formular durch das sie sich als alleinige Erben auswiesen. Dieses Formular ist nicht als eine konkludente Annahme der Erbschaft zu verstehen. (OLG München – Beschluss vom 22.12.2021 – 31 Wx 487/19, 31 Wx 488/19)
Wer trägt die Kosten in einem Erbscheinverfahren?
In einem Erbscheinverfahren trägt normalerweise der Antragssteller des Erbscheins auch die Kosten für das Verfahren. Das Nachlassgericht kann davon jedoch im eigenen Ermessen ganz oder teilweise abweichen. Hierbei muss das Nachlassgericht auf sämtliche Umstände des Einzelfalls eingehen, um zu einer gerechtfertigten Kostenverteilung zu gelangen.
Der Fall:
Die testamentarischen Erben eines vermögenden Erblassers beantragten 2021 einen Erbschein bei dem Nachlassgericht. Eine entfernte Verwandte zweifelte die Echtheit des Testamentes aufgrund einer zu Lebzeiten bestandenen Lese- und Schreibschwäche des Erblassers an. Das Nachlassgericht ging diesen Einwenden nach und beauftragte zur Klärung der Echtheit einen Schriftsachverständigen. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass das Testament mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit echt ist.
Der Erbschein wurde erteilt.
Kostenverteilung durch das Nachlassgericht
Unstreitig übernehmen die Erben die entstandenen Verfahrenskosten. Die Kosten des Gutachters bürdete das Nachlassgericht jedoch der Verwandten auf. Diese legte daraufhin beim OLG Beschwerde ein.
Beschwerde gegen die Kostenentscheidung
Das OLG Bamberg gab der Beschwerde statt. Die Kostenverteilung des Nachlassgerichts wurde daraufhin abgeändert, so dass die Erben auch die Gutachterkosten zu tragen hatten. Das OLG begründete seine Entscheidung anhand des Ermessensspielraum eines jeden Nachlassgerichts bei der Kostenverteilung.
Verteilung nach billigem Ermessen
Nachlassgerichte dürfen die Kosten, die durch und innerhalb eines Verfahrens entstehen, anhand mehrere Gesichtspunkte nach eigenem Ermessen unter den Beteiligten verteilen. Dabei können das Obsiegen und Unterliegen der Parteien in dem Verfahren bei der Verteilung ausschlaggebend sein. Im vorliegenden Fall war die hohe Summe der Erbschaft, die beide testamentarischen Erben durch den erteilten Erbschein erlangten, berücksichtigt worden.
Die Verwandte hatte zudem lediglich Bedenken gegenüber dem Nachlassgericht geäußert, auf die das Nachlassgericht von Amtswegen eigenständig reagiert hat.
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