Haftungsbegrenzung des Erben für Nachlassverbindlichkeiten
Eine Erbschaft kann oftmals ein finanzieller Segen sein. Ist der Nachlass jedoch mit Schulden (Verbindlichkeiten) überlastet, kann der Segen schnell zum Fluch werden:
Der Erbe haftet mit seinem eigenen Vermögen für die Schulden des Erblassers.
- Wie kann man diese Haftung begrenzen?
Welche Arten von Nachlassverbindlichkeiten gibt es?
Wer Schulden geerbt hat, sollte wissen, um welche Art von Verbindlichkeit es sich handelt.
Erblasserschulden
Erblasserschulden sind Verbindlichkeiten, die der Erblasser zu Lebzeiten eingegangen ist. Zu ihnen zählen unter anderem noch nicht beglichene Verbindlichkeiten aus Kaufverträgen, Mietschulden oder Darlehensraten.
Erbfallschulden
Erbfallschulden sind Verbindlichkeiten, die durch den Erbfall entstehen. Also beispielsweise im Testament angeordnete Vermächtnisse, Auflagen oder Pflichtteilsrechte, die der Erbe begleichen muss.
Nachlasserbenschulden
Nachlasserbenschulden sind Verbindlichkeiten, die erst nach dem Erbfall entstehen. Also zum Beispiel die Kosten für die Testamentseröffnung oder die Nachlassverwaltung.
Was kann ein Erbe tun, wenn der Nachlass überschuldet ist?
Der Erbe hat zum einen das Recht, die Erbschaft innerhalb von 6 Wochen nach Kenntnis des Erbfalls auszuschlagen.
Bei einer Erbeinsetzung durch Testament oder einen Erbvertrag beginnt die Frist erst mit der „Verkündung“.
Verkündung meint die Übersendung des Eröffnungsprotokolls durch das Amtsgericht.
Beschränkung der Erbenhaftung
Dem Erbe stehen auch nach der Annahme der Erbschaft Möglichkeiten zu, um eine Haftung zu beschränken.
Die Beschränkung der Erbenhaftung führt dazu, dass die Begleichung der Nachlassverbindlichkeiten nicht über die erhaltene Erbschaft hinausgeht.
Der Erbe muss also nicht mit seinem privaten Vermögen einstehen.
Er hat statt dessen zwei Möglichkeiten, um einer Haftung für die Nachlassverbindlichkeiten mit seinem eigenen Vermögen generell zu entgehen. Er beantragt
- die Anordnung einer Nachlassverwaltung
Bei der Nachlassverwaltung wird ein Nachlassverwalter eingesetzt. Dieser verwaltet den Nachlass und sorgt dafür, dass die Verbindlichkeiten gegenüber den Gläubigern ausgeglichen werden.
Der Erbe erhält daraufhin das Vermögen, welches im Nachlass noch übrig ist.
- die Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens
Der Antrag auf Nachlassinsolvenz
Wenn der Erbe Kenntnis von der Überschuldung des Nachlasses hat, muss er einen Antrag auf Nachlassinsolvenz stellen.
Unterlässt er einen solchen Antrag, macht er sich gegenüber den Nachlassgläubigern schadensersatzpflichtig.
Die Nachlassinsolvenz ähnelt einer Privatinsolvenz.
Die Anordnung des Insolvenzverfahrens führt dazu, dass die Nachlassgläubiger nur noch auf den Nachlass und nicht mehr auf das Privatvermögen des Erben zugreifen können.
Der Nachlass und das Privatvermögen werden also haftungstechnisch getrennt.
Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung mit vorübergehender Wirkung
Der Erbe hat neben der Nachlassverwaltung und der Nachlassinsolvenz auch noch andere Möglichkeiten, seine Haftung zu beschränken, die aber lediglich vorübergehende Wirkung haben oder die Haftung nur gegenüber bestimmten Gläubigern beschränken.
Dreimonatseinrede
Diese berechtigt den Erben dazu, die Begleichung der Nachlassverbindlichkeiten innerhalb der ersten drei Monate nach dem Erbfall zu verweigern. Sie soll dazu dienen, dass sich der Erbe zunächst einen Überblick über den Nachlass verschaffen kann. Etwaige Gläubiger können in diesen drei Monaten zwar Forderungen geltend machen, jedoch können diese nicht vollstreckt werden.
Aufgebotseinrede
Der Erbe kann eine Aufgebotseinrede erheben und so die Nachlassgläubiger zur Anmeldung ihrer Forderungen auffordern. Die Gläubiger müssen ihre Forderungen sodann innerhalb einer vom Gericht angeordneten Aufgebotsfrist anmelden.
Die Forderungen der Gläubiger, die sich nicht innerhalb der Frist angemeldet haben, werden erst nach den Forderungen der Gläubiger beglichen, die sich rechtzeitig gemeldet haben.
Es findet also eine Priorisierung statt.
Überschwerungseinrede
Sie beschränkt die Haftung gegenüber bestimmten Gläubigern.
Der Erbe kann die Überschwerungseinrede gegenüber Vermächtnisnehmern oder Auflagenbegünstigten geltend machen, wenn der Nachlass durch diese überschuldet werden würde.
Die Folge ist dann, dass er nicht mehr das gesamte Vermächtnis erfüllen muss. Er kann dem Vermächtnisnehmer entweder den Nachlass zu seiner Befriedigung herausgeben oder eine wertmäßige Abfindung zahlen.
Verschweigungseinrede
Der Erbe kann gegenüber Gläubigern, die ihre Forderung erst fünf Jahre nach dem Erbfall geltend machen, die Verschweigungseinrede erheben.
Der Erbe muss dann grundsätzlich keine Verbindlichkeiten mehr begleichen, wenn er den Nachlass komplett verbraucht hat.
Dürftigkeitseinrede
Der Erbe kann eine Dürftigkeitseinrede gegenüber Nachlassgläubigern erheben, wenn der Aktivbestand des Nachlasses nicht ausreicht, um die Kosten der amtlichen Nachlassabwicklung zu decken.
Der Erbe kann die Befriedigung des Nachlassgläubigers insoweit verweigern.