Der Fall
Im vorliegenden Fall verstarb eine Erblasserin und hinterließ keine Angehörigen. Die Erblasserin war zu Lebzeiten Mieterin einer Mietwohnung, welche sie bewohnte. Nach dem Tod trat die Vermieterin der Mietwohnung an das zuständige Nachlassgericht heran und beantragte die Einsetzung eines Nachlasspflegers.
Mietverhältnisses geht über in den Nachlass
Die ehemalige Vermieterin der Verstorbenen begründete ihr Ersuchen damit, dass sie das noch bestehende Mietverhältnis beenden möchte. Sie hatte Probleme noch zu Lebzeiten mit der Verstorbenen in Kontakt zu treten und habe von potenziellen Erben nur gehört, dass diese das Erbe ausschlagen und somit das Mietverhältnis nicht übernehmen würden. Der Nachlasspfleger solle deshalb dazu dienen, dass das Mietverhältnis zu beenden und rückabzuwickeln.
Nachlassgericht: Keine Notwendigkeit zur Einsetzung eines Nachlasspflegers
Das Nachlassgericht kam den Antrag der Vermieterin nicht nach. Zur Begründung führte das Gericht an, dass es keine Erforderlichkeit für einen Nachlasspfleger sehe und zudem zweifelhaft sei, ob die Vermieterin überhaupt einen Anspruch auf Einsetzung eines Nachlasspflegers habe. Zudem sei dem Gericht die postalische Adresse von drei Erben bekannt. Gegen diesen Beschluss legte die Vermieterin Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.
Vermieterin hat Anspruch aus § 1961 BGB
Das Oberlandesgericht gab der Beschwerde statt. Die Vermieterin habe als Nachlassgläubigerin aus dem im Nachlass befindlichen Mietverhältnis nach § 1961 BGB einen Anspruch auf Einsetzung eines Nachlasspflegers. Dieses ergibt sich daraus, dass das Mietverhältnis zwischen ihr und der Erblasserin Bestandteil des Nachlasses wird und die Vermieterin somit die Position einer Nachlassgläubigerin einnimmt. Voraussetzung für den Anspruch aus § 1961 BGB ist es, das die Erben des Erblassers unbekannt sind. Im vorliegenden Fall konnte das Nachlassgericht zwar postalische Adressen von potenziellen Erben vorweisen, jedoch war die Erbenermittlung nicht abgeschlossen und die Erben damit nicht abschließend ermittelt.
Nachlass muss nicht sicherungsbedürftig sein
Das Oberlandesgericht machte zu dem deutlich, dass es für die Einsetzung eines Nachlasspflegers nicht zwingend erforderlich sei, dass der Nachlass sicherungsbedürftig ist. Es sei vielmehr ausreichend, dass die Vermieterin einen Anspruch auf Rückgabe der Mietsache hat und diesen zunächst außergerichtlich verfolgen möchte. Auch der Sinn und Zweck eines Nachlasspflegers sei damit erfüllt, dass die Vermieterin als Nachlassgläubiger einen Ansprechpartner hat, mit dessen Hilfe das Mietverhältnis abgewickelt werden könne.
Im Ergebnis ordnete das Oberlandesgericht eine Nachpflegschaft mit dem Aufgabenkreis Beendigung, Räumung und Abwicklung des Mietverhältnisses in Bezug auf die genutzte Mietwohnung der Erblasserin an.