Der Fall
Im vorliegenden Fall verstarb ein Erblasser und hinterließ weder Kinder noch Ehefrau. In einem Testament setzte der Erblasser seinen zu Lebzeiten eingesetzten Berufsbetreuer als alleinigen Erben ein.
Handschriftliches Testament nach einem Vordruck
Das Testament kam jedoch unter fragwürdigen Umständen zu Stande. Der Berufsbetreuer fertigte für die ersten Zeilen einen Vordruck für das Testament an und ließ an den erforderlichen Stellen freie Lücken, welche durch den Erblasser nur noch zu ergänzen waren. Nach dem Vordruck ergänzte der Erblasser das Testament mit seinem letzten Willen und setzte seinen Betreuer als Alleinerben ein. Nachdem der Erblasser verstarb, beantragte der Berufsbetreuer einen Erbschein als Alleinerben beim zuständigen Nachlassgericht. Als Grundlage lag er dem Gericht das Testament vor.
Erbscheinantrag wird von Rechtspflegerin abgelehnt
Der Antrag wurde in der Folge von einer Rechtspflegerin am Nachlassgericht bearbeitet und schließlich auch von ihr mit der Begründung abgelehnt, dass das Testament sittenwidrig sei. Gegen diese Entscheidung legte der Betreuer Beschwerde zum Oberlandesgericht ein. Die Beschwerde begründete der Beschwerdeführer damit, dass der Beschluss nicht durch die Rechtspflegerin, sondern durch einen Nachlasstrichter hätte ergehen müssen.
Nachlassrichter erachtet Testament auch als sittenwidrig
Das Oberlandesgericht gab dem Betreuer in dieser Angelegenheit Recht, hob die Entscheidung auf und verwies die Angelegenheit zur erneuten Entscheidung zurück zum Nachlassgericht. Dort befasste sich in der Folge ein Nachlassrichter mit dem Erbscheinantrag des Berufsbetreuers. Nach wiederholter Prüfung lehnte auch der Nachlassrichter den Antrag ab. Zur Begründung wurde erneut auf die Sittenwidrigkeit des Testamentes verwiesen. Der Berufsbetreuer ließ sich auch diese Entscheidung nicht gefallen und legte erneut Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.
OLG: Testament ist wirksam
Die Hartnäckigkeit des Berufsbetreuers machte sich bezahlt. Das Oberlandesgericht gab der Beschwerde statt und wies das Nachlassgericht an, den beantragten Erbschein zu erteilen. Aus der Sicht des Oberlandesgerichts sei das vorgelegte Testament des Erblassers nicht allein dadurch formungültig, dass ein Teil des Testamentes nicht handschriftlich durch den Erblasser verfasst wurde.
Kein Verstoß gegen gesetzliche Verbote
Ebenso konnte das Oberlandesgericht auch kein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot erkennen. Dem Berufsbetreuer könne der § 30 BtOG, wonach es Berufsbetreuern untersagt ist Geld oder geldwerte Leistungen ihrer Betreuten anzunehmen, nicht entgegengehalten werden. Die Norm stelle nämlich gerade kein Sittenwidrigkeit begründendes gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB dar.
Im Ergebnis wurde das Testament als wirksam eingestuft. Dem Betreuer wurde der Erbschein erteilt.