Veröffentlicht am: 10.08.2024 von Fachanwaltskanzlei für Benden

Pflege einer Erblasserin mindert nicht den Pflichtteilsanspruch

Pflegen Alleinerben die Erblasserin über eine lange Zeit, wirkt sich dieser Umstand nicht zwingend pflichtteilsmindernd auf enterbte Pflichtteilsberechtigte aus.

Testamente, Erbscheinverfahren und Streit in der Erbengemeinschaft

Rechtsanwalt Benden, Fachanwalt für Erbrecht und Testamentsvollstrecker, bloggt für Sie aus dem Erbrecht:

Pflege einer Erblasserin mindert nicht den Pflichtteilsanspruch

Pflegt ein Alleinerbe die Erblasserin über eine lange Zeit, wirkt sich dieser Umstand nicht zwingend pflichtteilsmindernd auf enterbte Pflichtteilsberechtigte aus. Der Ausgleichsanspruch aus § 2057a BGB ist durch abschließende Regelung innerhalb eines Testamentes ausschließbar. (BGH – Beschluss vom 24.03.2021 – IV ZR 269/20)

Was regelt der Ausgleichsanspruch aus § 2057a BGB?

Der Ausgleichsanspruch aus § 2057a BGB dient dazu, eine besondere Leistung des späteren Erben zu belohnen. Diese besondere Leistung muss zu Lebzeiten des Erblassers zu dessen Gunsten durch einen Abkömmling erbracht worden sein. Dadurch bekommt der später gewordene Erbe die Möglichkeit, bei der Nachlassverteilung einen Anspruch gegen seine Miterben durchzusetzen. Die Höhe des Anspruchs bemisst sich nach Dauer und Umfang der erbrachten Leistung. Besondere Leistungen in diesem Zusammenhang sind:

  • Regelmäßige Unterstützung
  • Pflegeleistungen
  • Vermögenssorge
  • Mithilfe im beruflichen Umfeld des Erblassers

Tipp
Der Ausgleichsanspruch entfällt jedoch, wenn der betroffene Erbe für seine Leistungen auf anderem Wege entlohnt wurde, z.B., wenn dem Erben durch Testament die Alleinerbenposition zugesprochen wird

Der Fall:

Im vorliegenden Fall hatte eine Erblasserin ihren Sohn X testamentarisch als Alleinerbe eingesetzt. Ihre beiden anderen Kinder schloss die Erblasserin von der Erbfolge aus, so dass diesen nur der Pflichtteil zu kommen sollte. Bis zum Ableben im Jahr 2017 pflegte der Sohn X die Erblasserin fast zehn Jahre lang.

Sohn Y fordert seinen Pflichtteil
Nach dem Erbfall forderte der Sohn Y seinen Pflichtteil vom Alleinerben X. Dieser zahlte ihm zwar eine Summe aus, jedoch weniger als sich aus dem Pflichtteil bestimmen würde. Zur Begründung führt Sohn X an, dass er die gemeinsame Mutter fast zehn Jahre allein gepflegt habe. In diesem Zusammenhang verwies Sohn X auch auf den Ausgleichsanspruch aus § 2057a BGB. Sohn Y erhob Klage vor dem Landgericht.

Klage vorm Landgericht hat Erfolg
Das Landgericht gab der Klage des Sohnes Y in voller Höhe des Pflichtteils statt. Gegen dieses Urteil legte der Alleinerbe X Berufung zum OLG ein.
Das OLG wies die Berufung jedoch als unbegründet ab. Daraufhin legte Sohn X gegen das Urteil des Landgerichts Revision zum BGH ein.

Revision des Alleinerben scheitert
Der BGH machte auf den Umstand aufmerksam, dass bereits aus formeller Sicht nicht die erforderlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision vorlagen. Abgesehen davon, bestehe auch aus materieller Sicht keine Aussicht auf Erfolg. Die Erblasserin habe in ihrem Testament ausdrücklich und abschließend geklärt, dass der Sohn X Alleinerbe wird und die übrigen Kinder ihren Pflichtteil bekommen sollen. Der Tatsache, dass Sohn X die Mutter jahrelang gepflegt hat, wurde dadurch Rechnung getragen, dass er als Alleinerbe eingesetzt wurde. Ein darüberhinausgehender Ausgleichanspruch sei ausgeschlossen.

Der Alleinerbe nahm die Revision zurück. Das Urteil des Landgerichts zugunsten des Sohnes Y wurde rechtskräftig.

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