Veröffentlicht am: 28.02.2022 von Fachanwaltskanzlei für Benden
Durch die Bindungswirkung sind die betroffenen Parteien verpflichtet, sich an den Vertrag zu halten. Wer die Bindungswirkung vertraglich ausschliesst, entwertet diesen Vertrag.
Ein Erbvertrag ohne Bindungswirkung ist kein Erbvertrag
Ein Erbvertrag muss mindestens eine vertragsmäßige und bindende Verfügung enthalten, ansonsten ist es kein Erbvertrag. (OLG Hamm – Beschluss vom 01.04.2020-15 W 479/19)
Was macht den Erbvertrag besonders?
Der Erbvertrag ist ein Vertrag und kennzeichnet sich durch seine besondere Bindungswirkung. Durch die Bindungswirkung sind die betroffenen Parteien verpflichtet, sich an den Vertrag zu halten. Um den bindenden vertraglichen Charakter zu erreichen, muss der Erbvertrag mindestens eine bindende Verfügung enthalten.
Ein vertraglich vereinbarter Ausschluss der Bindungswirkung führt zur Entwertung des Erbvertrages.
Was sind bindende Verfügungen in einem Erbvertrag?
Die in einem Erbvertrag beschlossenen vertragsmäßigen Verfügungen sind vertraglicher Natur und für alle Parteien rechtlich bindend. Neben vertraglichen-, können aber auch nichtvertragliche Verfügungen Bestandteil eines Erbvertrages sein. Vertraglich bindende Verfügungen sind beispielsweise:
- Auflagen
- Erbeinsetzungen
- Vermächtnisse
Der Fall
Im vorliegenden Fall haben Eheleute 1967 einen Erbvertrag geschlossen, in dem sich beide gegenseitig als Alleinerbe einsetzen. Die Eheleute haben in dem Erbvertrag festgehalten, dass jeder von ihnen berechtigt ist, die letztwillige Verfügung aus dem Erbvertrag allein und ohne besonderen Grund nach Belieben zu ändern. Der Ehegatte errichtet 2015 zusätzlich ein alleiniges Testament und setzt dort als Alleinerbe – abweichend – eine Bürgerstiftung ein.
Im weiteren Verlauf stirbt der Ehegatte.
Wer ist nun Erbe geworden?
Sowohl die Frau – gestützt auf den Erbvertrag von 1967 – als auch die Bürgerstiftung -gestützt auf das 2015 errichtete Testament – beantragen beim Nachlassgericht die Erteilung des Erbscheins als Alleinerbe. Das Nachlassgericht gibt dem Erbscheinantrag der Bürgerstiftung statt.
Ist das Testament wirksam gegenüber dem Erbvertrag?
Die Ehegattin legt erfolglos Beschwerde beim OLG ein. Das OLG führt in seiner Begründung an, dass der „Erbvertrag“ von 1967 keine bindende Verfügung enthält und daher nur als ein Ehegattentestament wirkt. Der von den Ehegatten vereinbarte Vorbehalt, jederzeit die letztwillige Verfügung ändern zu können, ist innerhalb dieses Ehegattentestaments zulässig. Der Ehegatte hat seine Erbfolgeregelung daher durch das Testament von 2015 wirksam abgeändert.
Die Bürgerstiftung ist Alleinerbe.
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