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Testament verschwunden, aber Erbschein dennoch erteilt!

AG Hameln – Beschluss vom 24.02.2022 – 18 VI 135/21

In der vorliegenden Sache musste das Amtsgericht Hameln entscheiden, ob sich die Erbfolge nach einem Testament richten kann, das gar nicht mehr existierte.

Die Erblasserin hatte die Antragstellerin in einem handschriftlichen Testament zur Alleinerbin eingesetzt. Außerdem enthielt das Testament eine Bestimmung, durch das ihre Schwägerin ein Vermächtnis in Höhe von 5.000 € erhalten solle.Die Erblasserin ließ sich von einer Anwältin die Formgültigkeit des Testaments bestätigen. Anschließend verwahrte sie das Testament in einem Aktenordner in ihrer Wohnung. Nach dem Tod der Erblasserin übergab der Lebensgefährte der Antragstellerin den Ordner dem Amtsgericht.

Die Antragstellerin beantragte die Erteilung eines Erbscheins, welcher sie als Alleinerbin ausweisen sollte. Ihre Alleinerbschaft stützte sie auf das Testament der Erblasserin. Dieses konnte vom Amtsgericht jedoch nicht mehr aufgefunden werden.

Die Schwägerin beantragte sodann die Abweisung des Erbscheinsantrags. Sie bestritt, dass die Erblasserin jemals ein Testament errichtet habe und dass eine Anwältin das Testament überprüft habe.

Das Nachlassgericht vernahm sodann den Lebensgefährten der Antragstellerin und die Anwältin.

Aufgrund der Beweisaufnahme kam das Gericht zu der Überzeugung, dass die Erblasserin ein Testament mit besagtem Inhalt errichtet hatte. Das Gericht kam weiterhin zu der Überzeugung, dass das Testament in der Poststelle des Gerichts vernichtet worden sei.

Da die Schwägerin den Widerruf des Testaments nicht beweisen konnte, wurde der Antrag der Antragstellerin auf Erteilung eines Erbscheins stattgegeben.

Das Amtsgericht Hamel erließ sodann den beantragten Erbschein.

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