Strategie & Taktik im Erbverfahren

Emotionen der Parteien und prozessrechtliche Besonderheiten machen Erbstreitigkeiten komplex und unterscheiden sie – auch strukturell – von anderen zivilrechtlichen Verfahren.

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Erbrecht vor Gericht: Nachlassgericht oder Prozessgericht?

Man unterscheidet im Erbrecht zwischen zwei verschiedenen Verfahrensarten:

  • Erbprozess vor dem Prozessgericht
  • Nachlassverfahren vor dem Nachlassgericht

Die Frage, wer Erbe geworden ist, kann sowohl vor dem Nachlassgericht als auch vor dem Prozessgericht geklärt werden. Beim Nachlassgericht geschieht dies durch ein Erbscheinverfahren. Beim Prozessgericht muss eine Erbenfeststellungsklage erhoben werden.

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Erbschein und Erbscheinverfahren

Erbscheine sind Legitimationspapiere vom Gericht. Sie bescheinigen z.B. Banken, Versicherungen und Behörden, dass ihr Besitzer rechtmäßig erbt.

Das Nachlassgericht

Das Nachlassgericht ist eine Abteilung beim Amtsgericht. Die Zuständigkeit richtet sich nach dem letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers. Es ist insbesondere zuständig für

  • Erteilung des Erbscheins
  • Einziehung eines falschen Erbscheins
  • Bestellung eines Nachlasspflegers
  • Auswahl des Testamentsvollstreckers

Das Nachlassgericht wird auf Antrag des Erben tätig. Eine anwaltliche Vertretung ist nicht zwingend, aber jedoch häufig sinnvoll.

Das Prozessgericht

Das Prozessgericht ist insbesondere zuständig für:

  • Erbfeststellungsklagen
  • Pflichtteilsklagen
  • Auseinandersetzungsklagen
  • Vermächtnisstreitigkeiten

Die meisten Erbprozesse werden vor den Landgerichten ausgetragen. Deren Zuständigkeit richtet sich nach der Höhe des Streitwertes. Das Landgericht ist zuständig, wenn der Nachlass 5000 € übersteigt. Vor dem Landgericht herrscht Anwaltszwang: Die Parteien müssen sich also notwendigerweise von einem Anwalt vertreten lassen.

Das Erbscheinverfahren: Wie wird festgestellt, wer Erbe ist?

Ein Erbe hat zwei Möglichkeiten, sein Erbrecht feststellen zu lassen:

  • Der Erbe kann beim Nachlassgericht einen Erbschein beantragen. Ein Erbschein ist ein amtliches Zeugnis, das beurkundet, wer Erbe ist. Durch den Erbschein kann der Erbe mit dem Nachlass tun und lassen was er will.
  • Bestehen Streitigkeiten darüber, wer Erbe geworden ist, kann eine sogenannte Erbenfeststellungsklage vor dem Prozessgericht weiterhelfen.

Vorteile und Nachteile von Erbscheinverfahren und Erbenfeststellungsklage

Das Erbscheinverfahren vor dem Nachlassgericht ist meistens die schnellere und kostengünstigere Möglichkeit, um an eine Feststellung der Erbenstellung zu gelangen. Zwei Rechtsgrundsätze kennzeichnen die Verfahren:

  • Amtsermittlungsgrundsatz
    Vor dem Nachlassgericht erforscht das Gericht alle relevanten Tatsachen von Amts wegen selbst.
  • Beibringungsgrundsatz
    Bei der Erbenfeststellungsklage vor dem Prozessgericht müssen die Parteien rechtzeitig alle relevanten Tatsachen selbst vorbringen, auch die Beweise hinsichtlich der streitigen Tatsachen.

Bei der Erbenfeststellungsklage ergeht eine rechtskräftige Entscheidung, die nicht mehr angefochten werden kann. Der vom Nachlassgericht erteilte Erbschein kann hingegen jederzeit eingezogen oder für kraftlos erklärt werden.

Tipps zum Erbverfahren

Bei einem Verfahren vor dem Nachlassgericht oder vor dem Prozessgericht gibt es viele Besonderheiten. Oftmals unterscheiden sich die Prozesse erheblich von anderen zivilrechtlichen Prozessen. Deshalb sollten solche Streitigkeiten unbedingt von einem Fachanwalt für Erbrecht vertreten werden. Dieser kennt sich am besten mit den Besonderheiten der speziellen Problemen eines Erbverfahrens aus.

Was ist ein Erbunwürdigkeitsverfahren?

Im § 2339 Abs. 1 BGB werden die Gründe für Erbunwürdigkeit aufgeführt. Diese gefährdet sowohl die Rechtsgültigkeit von Testament als auch von Erbvertrag oder Pflichtteilsanspruch.

Erbunwürdigkeit kann in vier Fällen vorliegen:

  • Tötungsdelikt
  • Verhinderung der Testamentserstellung
  • Täuschung und Drohung
  • Urkundendelikte/Testamentsfälschung

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