Veröffentlicht am: 14.06.2025 von Fachanwaltskanzlei für Benden
Liegen mehrere Testamente mit inhaltlich deckender Erbeinsetzung vor, muss das Nachlassgericht bei Erlass eines Erbscheins nicht ausdrücklich preisgeben auf welcher Testamentsgrundlage das Gericht die Erbfolge im Erbschein begründet. OLG Hamburg – Beschluss vom 07.04.2020 – 2 W 83/19
Der Fall
Im vorliegenden Fall verstarb ein Erblasser 1982. Vor seinem Tod hatte er gemeinsam mit seiner Ehefrau ein gemeinschaftliches Ehegattentestament errichtet, in dem sich die beiden gegenseitig als Erben des Erstversterbenden einsetzten. Schlusserben nach dem Tod des zweiten Ehegatten sollten die beiden gemeinsame Söhne zu gleichen Teilen werden.
Ehefrau errichtet zweites privates Testament
Nach dem Tod des Ehegatten vergingen viele Jahre. Die Ehefrau kam schließlich 2015 zu dem Entschluss ein weites Testament zu errichten. In diesem Testament setzte sie weiterhin ihre beiden Söhne als gemeinsame Erben des Nachlasses ein. In Abweichung zu dem gemeinschaftlichen Testament aus dem Jahre 1982 enthielt das private Testament der Ehefrau noch weitere Anweisungen bezüglich der Nachlassauseinandersetzung. Die Ehefrau testierte unter anderem eine Teilungsanordnung.
Schlusserben beantragen Erbschein
Nach dem die Ehefrau 2018 verstarb beantragte einer der Söhne beim zuständigen Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheines der ihn und seinen Bruder als hälftige Erben ausweisen sollte. Der antragsstellende Sohn sah sich durch die zusätzlichen Regeln im privaten Testament seiner Mutter in seinen Rechten eingeschränkt und stützte seinen Erbscheinantrag daher ausdrücklich auf das gemeinschaftliche Testament von 1982. Der antragsstellende Sohn gab dem Gericht gegenüber zu bedenken, dass seine Mutter 2015 nicht mehr testierfähig gewesen und das von ihr errichtete Testament daher ohnehin unwirksam sei.
Antragssteller favorisiert zeitlich älteres Testament
Hintergrund der Handlung des Sohnes war, dass das zeitlich neuere Testament zu seinem Nachteil eine belastende Regelung enthielt. Das Nachlassgericht gab dem Antrag statt und erließ einen Erbschein der beide Söhne hälftig als Erben auswies. Das Nachlassgericht traf dabei jedoch keine Entscheidung aus welchem Testament sich die Erbfolge ergibt.
Sohn fordert Nachlassgericht zu eindeutiger Stellungnahme auf
Damit war der antragsstellende Sohn jedoch nicht zufrieden und legte Beschwerde zum Oberlandesgericht ein. Der Sohn wollte damit erreichen, dass das Nachlassgericht die Erbfolge und damit den Erbschein ausdrücklich auf das durch den Antragssteller antragsgemäß vorgelegte Testament von 1982 stützt. Zur Begründung führte der Sohn an, dass das Nachlassgericht an den von ihm vorgetragenen Antragsinhalt gebunden sei und in der Entscheidung klarstellen müsse auf welches Testament die Entscheidung des Gerichts beruht.
Nachlassgericht muss bei übereinstimmender Erbeinsetzung nicht zwischen Testamenten entscheiden
Das Oberlandesgericht vertrat nicht die Auffassung des Sohnes. Das Nachlassgericht müsse nicht entscheiden auf welches Testament sich die Erbfolge stützt. Wenn es seitens des Nachlassgerichts eine Feststellungspflicht gebe, dann lediglich darin zu unterscheiden, ob sich die Erbfolge aus einem gesetzlichen Erbrecht oder aus einer gewillkürten Erbfolge ergibt. Das Oberlandesgericht machte deutlich, dass es nicht die Aufgabe des Nachlassgerichts sei die Wirksamkeit eines Testamentes zu ermitteln, wenn dafür keine Grundlage geboten sei. Soweit der Antragssteller Bedenken gegen die Wirksamkeit eines Testamentes habe, müsse er dies in einer eigenen Feststellungsklage vor einem Zivilgericht geltend machen.
Das Oberlandesgericht wies die Beschwerde im Ergebnis ab, lies jedoch den Rechtsweg zum Bundesgerichtshof offen.
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