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Durch Testament enterbte Kinder werden doch Erben durch Gesetz

Testierende können durch Testament eine Erbschaft für potenzielle Erben ausschließen, jedoch ist dabei ein ausdrücklicher und konkreter Wortlaut notwendig, um einer späteren Testamentsauslegung entgegen zu wirken. (OLG Brandenburg – Beschluss vom 17.11.2022 – 3 W 121/22)

Der Fall

Im vorliegenden Fall verstarb der Vater von drei Söhnen aus erster Ehe. Nach der ersten Ehe heiratete der Erblasser ein zweites Mal. Gemeinsame mit seiner zweiten Ehefrau verfasste der Erblasser ein gemeinsames Testament im Jahr 1985. In diesem Testament setzten sich der Erblasser und seine Ehefrau gegenseitig als Alleinerben ein. Daneben setzte das Paar

Verwandte der Ehefrau als Erben ein (folgend Erbe A und Erbe B). Die Ehefrau vorverstarb bereits einige Jahre vor dem Erblasser.

Söhne beantragen Erbschein

Die drei Söhne des Erblassers fanden keine Begünstigung im Testament. Vielmehr schloss der Erblasser eine Erbschaft für die Söhne mit dem Worten aus, dass diese nicht „erbberechtigt seien“. Im Folgenden traten die Erben A und B an das Nachlassgericht heran und schlugen ihre Erbschaft form- und fristgerecht aus. Einer der Söhne beantragte daraufhin die Erteilung eines Erbscheins auf Grundlage der gesetzlichen Regelungen zu Gunsten der drei Söhne zu je 1/3. Das Nachlassgericht kam dem jedoch nicht nach und wies den Antrag des Sohnes ab. Der Vater habe die Söhne durch das Testament ausgeschlossen, weshalb die Erteilung eines Erbscheins nicht möglich sei. Dagegen legte der antragsstellende Sohn Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.

Erbschaftsausschluss nicht eindeutig

Das Oberlandesgericht sah in der Formulierung des Erblassers über den Erbausschluss seiner Söhne keine ausdrücklich konkrete Regelung. Der bei der Auslegung des Testaments im Vordergrund stehende Erblasserwille lasse nicht unbedingt darauf schließen, dass der Erblasser ein gesetzliches Erbrecht seiner Söhne durch die Bezeichnung „nicht erbberechtigt“ ausschließen wollte. Zu Lebzeiten pflegte der Erblasser vielmehr einen normalen harmonischen Umgang mit seinen Kindern. Im Rahmen der Auslegung ließen sich auch keine Hinweise auf vorherige Streitigkeiten oder Unstimmigkeiten ermitteln.

Erbe A und B sind keine Ersatzerben

Das Oberlandesgericht kam weiter zu dem Ergebnis, dass den Erben A und B durch das Testament keine Ersatzerbenstellung zugutekam. Die Erben A und B hatten ihre potenzielle Erbschaft damit wirksam und abschließend ausgeschlossen. Die gesetzliche Erbschaft für die drei Söhne war damit eröffnet. Im Folgenden wurden der Erbscheinantrag bewilligt und die Söhne wurden zu je 1/3 Erbe ihres Vaters.

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