Veröffentlicht am: 28.06.2025 von Fachanwaltskanzlei für Benden

Die lenkende Erbschaftsausschlagung: Irrtum über die Folgen wird zum Verhängnis

Wird sich in Ermangelung der Kenntnis über weitere Erben bei der Ausschlagung einer Erbschaft über den erwarteten Ausgang und den damit verbundenen Folgen geirrt, kann die Erbschaftsausschlagung später nicht durch eine Anfechtung wegen Irrtums angefochten werden. (OLG Hamm – Beschluss vom 21.04.2022 – 15 W 51/19)

Der Fall

Im vorliegenden Fall verstarb ein Erblasser und hinterließ Kinder und eine Ehefrau. Der Erblasser hat zu Lebzeiten kein Testament errichtet. Nach dem Erbfall traten die Kinder des Erblassers an das Nachlassgericht heran und schlugen die Erbschaft form- und fristgerecht aus. Ziel war es, das die Mutter alleinige Erbin des Familienvaters wird.

Ehefrau beantragt Erbschein als Alleinerbin

In der Folge beantragte die Ehefrau und Mutter, beim zuständigen Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheins, welcher sie als Alleinerbin ausweisen sollte. Das Nachlassgericht machte die Antragsstellerin darauf aufmerksam, dass eine Alleinerbschaft problematisch werden könne. Zwar hatten die Kinder des Erblassers die Erbschaft ausgeschlagen, jedoch könne dadurch eine Erbschaft für Erben erster und zweiter Ordnung, also Enkelkinder, Eltern und Geschwister des Erblassers ermöglicht worden sein. Das Nachlassgericht setzt die Antragsstellerin gleichzeitig darüber in Kenntnis, dass als weitere Erben Halbgeschwister des Erblassers in Frage kommen könnten.

Kinder erklären Anfechtung der Ausschlagung

Nachdem die Kinder davon erfuhren und merkten, dass ihr Plan nicht auf geht, erklärten sie gegenüber dem Nachlassgericht die Anfechtung der Ausschlagungserklärung wegen Irrtums. Als Begründung gaben die Kinder an, dass sie fälschlicherweise davon ausgingen, dass die Mutter durch die Erbschaftsausschlagung Alleinerbin werden würde. Von den Halbgeschwistern ihres Vaters hatten sie keine Kenntnis gehabt.

Erbscheinantrag wird trotz Änderung begelehnt

Die Ehefrau des Erblassers änderte nach der erklärten Anfechtung der Erbschaftsausschlagung ihrer Kinder auch ihren Erbscheinsantrag ab. Der nunmehr beantragte Erbschein sollte sie und ihre Kinder als Erben zu je ½ ausweisen. Dem kam das Nachlassgericht jedoch nicht nach und wies den Erbscheinantrag als unbegründet ab. Aus der Sicht des Nachlassgerichts ist der angegebene Anfechtungsgrund, über mangelnde Kenntnis weitere Erben, ein unbeachtlicher Motivirrtum und könne keine Anfechtung der Erbschaftsausschlagung begründen. Die Ehefrau legte gegen diesen Entscheidung Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.

Lenkende Ausschlagung scheitert

Das Oberlandesgericht unterstützte das Nachlassgericht in seiner Entscheidung, machte aber deutlich, dass Irrtümer über die Rechtsfolge einer Erbausschlagung in der obergerichtlichen Rechtsprechung derzeit sehr umstritten sind. Vorliegend hielt das OLG Hamm aber an seiner bisherigen Rechtsprechung fest und wies die Beschwerde als unbegründet ab. Der Irrtum der Familie über die Tatsache, dass nach der Erbschaftsausschlagung der Kinder, noch weitere Personen als nur die Mutter als Erbin in Betracht kommen könnte, sei kein beachtlicher rechtlicher Irrtum und könne deshalb auch nicht als Anfechtungsgrund für eine Erbausschlagung hinhalten.

Auch kein Erfolg vor dem BGH

Das Oberlandesgericht ließ in seiner Entscheidung den Weg für eine Rechtsbeschwerde zum BGH offen. Die später eingelegte Rechtsbeschwerde hatte jedoch auch keinen Erfolg und wurde vom BGH als unbegründet zurückgewiesen. Im Ergebnis war die Erbschaftsausschlagung wirksam und konnte auch nicht durch die erklärte Anfechtung wegen Irrtums rückgängig gemacht werden.

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