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Operation geht schief – monatliche Rente für die Erbengemeinschaft

Verstirbt ein Erblasser aufgrund eines Kunstfehlers durch einen Arzt, kann die Erbenge-meinschaft zivilrechtlich einen Schadensersatzanspruch in Form einer monatlichen Rente geltend machen. Die Dauer der Rente bemisst sich individuell mit Blick auf die bisherige Krankheitsgeschichte an der fiktiv mutmaßlich erwarteten Lebensdauer des Verstorbenen. (OLG Brandenburg – Urteil vom 29.08.2019 – 12 U 217/17)

Der Fall

Im vorliegenden Fall verstarb die Mutter einer fünfköpfigen Familie bei einer Operation. Der behandelnde Arzt hatte bei der Operation unsauber gearbeitet und innere Organe verletzt, wodurch es im Verlauf der Operation zu Komplikationen bei der Patientin kam. Die Mutter bzw. Erblasserin erlag im Folgenden der durch den Kunstfehler hervorgerufenen Verletzungen.

Schadensersatzklage vor dem Landgericht

Nach diesem Vorfall wurde im Rahmen eines Strafverfahrens bereits die Verantwortlichkeit des Arztes festgestellt und mit einer Freiheitsstrafe geahndet. Der Vater der Familie, welcher gemeinsam mit seinen Kindern die Erbengemeinschaft bildete, wandte sich anschließend mit einer weiteren Klage gegen den Arzt an die Zivilgerichte.

Schadensersatz in Form einer Rente

Die Erbengemeinschaft, anführend der Vater der Familie, verklagte den behandelnden Arzt auf Schadensersatz aus Arzthaftungsrecht. Der Umfang der Schadensersatzklage umfasste neben den Beerdigungskosten eine Rentenzahlung bis zum fiktiven 75. Lebensjahr der verstorbenen Mutter. Die Höhe der monatlichen Rente sollte eine Höhe von 1373, 40 € betragen.

Klage hat Erfolg

In erster Instanz vor dem zuständigen Landgericht hatte die Klage Erfolg. Das Landgericht verurteilte den Arzt zu den geforderten Konditionen. Gegen diese Entscheidung legte der Beklagte Berufung zum Oberlandesgericht ein.

Arzt legt Berufung ein

Das Oberlandesgericht wies die Berufung als im Wesentlichen unbegründet ab. Der Beklagte hatte in seiner Berufungsbegründung zuvor geltend machen wollen nicht für den Tod der Erblasserin verantwortlich zu sein. Das Oberlandesgericht bediente sich zur Entkräftung der Begründung zahlreicher vorliegenden Gutachten, welche die Schuldhaftigkeit des beklagten Arztes zweifelfrei wiedergaben.

Berufungsbegründung überzeugt nicht

Weiter argumentierte der Beklagte in seiner Begründung, dass die Klage der Erbengemeinschaft ohnehin unzulässig gewesen sein solle, da der Vater als Kläger keine Vollmacht der anderen Erben beigelegt habe. Auch dieses Argument hebelte das Oberlandesgericht mit Verweis auf den § 2039 S. 1 BGB aus. Der Vater hatte als Kläger im Rahmen der gesetzlicher Prozessstandschaft die Befugnis die Klage für die Erbengemeinschaft einzureichen. Da sich die Erbengemeinschaft zudem aus Vater und seinen Kindern zusammensetzte, war die Vorlage weiterer Vollmachten nicht erforderlich.

Dauer der Rentenzahlung ist zu hoch

In einer Sache lenkte das Oberlandesgericht zu Gunsten des Beklagten ein. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts, sei die geforderte Rentenzahlung bis zum fiktiven 75. Lebensjahr zu hoch. Eine Rentenzahlung könne nur für den Zeitraum gefordert werden, in dem der Getötete fiktiv auch unterhaltspflichtig gewesen wäre. Zur Berechnung dieser Dauer ist auf eine mutmaßliche durchschnittliche Lebenserwartung der Verstorbene zurückzugreifen.

Urteil des Landgerichts wird angepasst

Im vorliegenden Fall war die verstorbene Erblasserin kein unbeschriebenes Blatt. Ihre Krankheitsgeschichte war von mehreren Vorerkrankungen geprägt. Aus diesem Grund drosselte das Oberlandesgericht die vom Landgericht festgesetzte Rentenzahlung auf eine fiktive Lebenserwartung von 65 Jahren.

Im Ergebnis hatte die Berufung insoweit Erfolg, dass der beklagte Arzt die monatliche Rente nur bis zum fiktiven 65. Lebensjahr der verstorbenen Mutter zahlen muss.

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