Was sind Dienstbarkeiten?
Eine Dienstbarkeit ist ein dingliches Recht, dass zugunsten eines Dritten an einem Grundstück eingeräumt wird. Dieses Recht ermöglicht dem Dritten beispielweise die Nutzung eines benachbarten fremden Grundstückes. Die Dienstbarkeit wird zulasten des Grundstückseigentümers in das Grundbuch eingetragen. Dabei wird das Recht des Grundstückseigentümers – sein Eigentumsrecht an seinem Grundstück – durch die Dienstbarkeit belastet. Die beiden häufigsten Dienstbarkeiten sind das Nießbrauchrecht und die Grunddienstbarkeit.
Grunddienstbarkeit
Bei der Grunddienstbarkeit wird ein Dritter durch den Grundstückseigentümer zu einer bestimmten Handlung in Bezug auf das Grundstück berechtigt.
Beispiel: A und B sind Nachbarn. A räumt B das Recht ein seine Auffahrt mitzubenutzen.
Nießbrauchrecht
Das Nießbrauchrecht entfaltet seine Wirkung nach einem Teilverkauf oder einer vorzeitigen Übereignung der Immobilie an die Erben. Durch ein Nießbrauchrecht wird dem Begünstigten nach Eintritt dieser Ereignisse weiterhin die Nutzung bzw. Bewohnung der Immobilie gewährt. Das Nießbrauchrecht wird zugunsten des vorherigen Eigentümers bestellt.
Beispiel: A verkauft seine Immobilie an B. Dabei halten sie zugunsten des A ein Nießbrauchrecht fest. B wird Eigentümer, aber A kann weiterhin in der Immobilie wohnen bleiben.
Der Fall
Im vorliegenden Fall hatte der spätere Erblasser 2002 ein gemeinsames Testament mit seiner vierten Ehefrau errichtet. Darin setzen sich die beiden Eheleute gegenseitig als Alleinerben ein. Zusätzlich wurde eine Tochter des Ehemannes und eine Tochter der Ehefrau als Schlusserben für das gemeinsame Vermögen des zuletzt sterbenden Ehepaars eingesetzt.
Nießbrauchrecht für die neue Lebensgefährtin
Die Ehefrau verstarb ein Jahr nach Errichtung des Testamentes. Der Ehemann erbte als Alleinerbe. Teil des Nachlasses der Ehefrau war auch eine Immobilie. Im Folgenden trat in das Leben des Ehemannes eine neue Frau. Zugunsten dieser Frau hielt der Ehemann per notariellen Vertrag Dienstbarkeiten an der geerbten Immobilie fest.
Notarieller Vertrag mit Verpflichtungen
Die Dienstbarkeiten räumten der neunen Lebenspartnerin zum einen ein lebenslanges Mitbenutzungsrecht sowie einen bedingten Nießbrauch ein und wurde in das Grundbuch eingetragen.
Für die Parteien ergebe sich aus dem Vertrag zu dem
- eine dauerhafte Haus- und Lebensgemeinschaft
- eine wechselseitige Verpflichtung zu gegenseitiger Unterstützung in alten, kranken und gebrechlichen Tagen
Schlusserben stören sich am Nießbrauchrecht
Einige Jahre später verstarb der Ehemann und wurde von den Töchtern auf Grundlage des gemeinsamen Testamentes von 2002 beerbt. Die beiden Erbinnen beklagten, dass die Nachlassimmobilie mit dem Nießbrauchrecht belastet sei und das Erbe dahingehend stark geschmälert sei. Daraufhin drängten sie die Lebensgefährtin des Erblassers dazu auf ihre Rechte an der Immobilie zu verzichten. Dem kam die die Lebensgefährtin nicht nach.
Klage auf Löschung der Dienstbarkeit aus dem Grundbuch
Die beiden Erbinnen beschritten schließlich den Klageweg und verklagten die Rechteinhaberin der Dienstbarkeit auf Löschung der zu ihren Gunsten eingetragenen Rechte. Als Grundlage wurde der § 2287 BGB angeführt. Danach hätten die Erbinnen einen Anspruch auf Herausgabe des Rechtes an der Immobilie, wenn der Erblasser die Schenkung der Dienstbarkeit an die Lebensgefährtin mit der Absicht getätigt hätte das Erbe der Töchter zu beeinträchtigen. Das Landgericht wies die Klage jedoch ab. Daraufhin legten die Erbinnen Berufung zum OLG ein.
Auch keinen Erfolg vor dem OLG
Ein Rückforderungsrecht aus § 2287 BGB ergebe sich mit Blick auf das gemeinsame Testament von 2002 nur dann, wenn der Erblasser nach dem Tod der vierten Ehefrau sein Verfügungsrecht über den Nachlass missbraucht habe. Ein Missbrauch liegt jedoch nicht vor, wenn sich in der Schenkung ein Eigeninteresse des Verfügenden manifestiert.
Erblasser handelte zu Lebzeiten im Eigeninteresse
Bei der Übertragung der Dienstbarkeit auf die Lebensgefährtin handelte der Erblasser zu Lebzeiten im eigenen Interesse ohne Missbrauchsgedanken. Gerade die weiter hinzugefügten Pflege- und Gemeinschaftspflichten zeigen deutlich, dass der Erblasser in Hinblick auf seine zukünftige Versorgung gehandelt habe. Zudem entfalle die Belastung der Immobilie mit dem Tod der Lebensgefährtin, weshalb schon keine wesentliche Entwertung des Erbes begründet sei. Die Lebensgefährtin behielt ihre Rechte aus den Dienstbarkeiten.